Durch die steigende Zahl an ausländischen Patienten steht das Krankenhauspersonal immer häufiger vor Verständigungsproblemen. Diese Thematik greift das Universitätsklinikum Regensburg (UKR) zum Internationalen Tag des Übersetzens am 30. September 2019 auf und stellt seinen hausinternen Übersetzerdienst vor. Dadurch stellt das Klinikum sicher, dass auch fremdsprachige Patienten trotz Sprachbarriere die bestmögliche medizinische Behandlung erhalten.
Kliniken werden zunehmend von fremdsprachigen Patienten aufgesucht, die eine Behandlung benötigen. Diese Tendenz ergibt sich aus einer steigenden Migrationszahl, ausländischen Facharbeitern, Touristen und Personen, die für eine spezielle medizinische Behandlung nach Deutschland reisen. In den meisten Fällen haben diese Patienten auch keine Angehörigen, die über ausreichend deutsche oder englische Sprachkenntnisse verfügen und im Gespräch zwischen Krankenhauspersonal und Patient vermitteln könnten. Um diese Sprachbarriere zu überwinden, bietet das UKR einen hausinternen Übersetzerdienst an, der den betroffenen Patienten die Umstände, Risiken und Folgen ihrer Behandlung in deren Muttersprache erläutert.
Das Dolmetschen – ein Herzensjob
Einer dieser Übersetzer ist Gabriel De Fraia. Es ist Montagmorgen im Medizinischen Zentralarchiv des UKR, wo er als Verwaltungsangestellter beschäftigt ist. Der gebürtige Italiener bearbeitet gerade Aktenanforderungen und bereitet Patientenakten für die digitale Archivierung vor, als ein dringender Anruf aus der Zahnklinik eingeht. Ein italienischer Tourist wurde aufgrund von starken Zahnschmerzen in der Klinik aufgenommen. Eine akute Wurzelbehandlung steht an. Der Patient spricht jedoch kein Deutsch und beherrscht auch Englisch nur teilweise. Deshalb macht sich der Verwaltungsangestellte auf den Weg in die Zahnklinik und trifft sich dort mit dem Patienten und seinem behandelnden Arzt. De Fraia vermittelt im Arzt-Patienten-Gespräch in seiner Muttersprache Italienisch. Er erklärt dem Touristen, wie sein weiterer Klinikaufenthalt verläuft, erläutert die genaue Behandlung und klärt bürokratische Angelegenheiten. „Für mich ist das Dolmetschen zu einem wahren Herzensjob geworden. Dadurch habe ich direkten Kontakt mit Patienten und kann ihnen in Notsituationen helfen. Das Dolmetscherangebot wird sowohl von den Patienten selbst, als auch von deren Angehörigen sehr dankbar angenommen. Daran merkt man jedes Mal, wie wichtig dieser Dienst ist“, so Gabriel De Fraia.
Hausinternes Übersetzerangebot
Gabriel De Fraia ist einer von über 200 hausinternen Übersetzern am UKR, die insgesamt in rund 40 verschiedenen Sprachen dolmetschen. Diese Mitarbeiter üben ihre Übersetzertätigkeit neben ihrem eigentlichen Job auf freiwilliger Basis aus. Dazu zählen Pflegekräfte und Ärzte ebenso wie Angestellte aus der Verwaltung. „Ein Patient kann nur dann wirksam in eine Behandlung einwilligen, wenn er zuvor ordnungsgemäß aufgeklärt wurde – und zwar in einer Sprache, die er versteht“, erklärt Gabriel De Fraia, der selbst über die deutsche und italienische Staatsbürgerschaft verfügt, die Wichtigkeit des Übersetzerangebots. Da die hausinternen Dolmetscher während ihrer Dienstzeit eingesetzt werden, ist das Angebot für Patienten kostenlos.
Beherrscht ein Mitarbeiter eine andere Landessprache ebenso gut wie seine Muttersprache und verfügt über das notwendige medizinische Fachvokabular, kann er sich in den hauseigenen Übersetzerpool des UKR aufnehmen lassen. In diesem Pool stehen für jede Sprache mehrere Mitarbeiter zur Auswahl, damit trotz Schichtarbeit, Urlaub oder Krankheit immer mindestens ein Dolmetscher zur Verfügung steht.
Vielfältiges Einsatzgebiet
„Die Einsatzorte, zu denen ich innerhalb des UKR als Übersetzer gerufen werde, sind vielfältig. Man wird überall gebraucht. Das können Ambulanzen, die Notaufnahme oder auch Patientenzimmer auf Station sein. Wenn der Krankenhausaufenthalt eines Patienten mehrere Tage dauert, kann es vorkommen, dass man mehrmals gerufen wird, da während des Klinikaufenthalts immer wieder Fragen auftauchen, die geklärt werden müssen“, schildert Gabriel De Fraia. Auch die sprachliche Herausforderung ist bei jedem Einsatz anders. Neben alltäglichen Situationen wie Entlassgesprächen oder Informationen zur Medikamenteneinnahme, gibt es sehr fachspezifische Gespräche. Dazu zählen zum Beispiel aufwendige Eingriffe oder komplexe Diagnosen, über die Patienten aufgeklärt werden müssen. „Eine weitere Herausforderung ist außerdem, ob es sich um einen geplanten oder ungeplanten Eingriff handelt. Ist die Behandlung geplant, klärt man in einer Vorbesprechung bereits die wichtigsten Punkte mit dem Arzt. In diesem Fall kann man sich als Übersetzer auf die Dolmetschersituation vorbereiten. Bei einem Akutfall in der Notaufnahme muss man hingegen aus dem Stegreif vermitteln“, berichtet De Fraia aus seinen Erfahrungen. Je schwerwiegender und komplexer ein Patientenfall ist, desto höher sind die Anforderungen an den Übersetzer. Kann kein passender interner Übersetzer gefunden werden, besteht die Möglichkeit, einen externen Dienstleister heranzuziehen. „Ich bin zwar durch meine frühere Tätigkeit in der internationalen Wirtschaft in Dolmetschersituationen geübt. Als Übersetzer in einem Akutkrankenhaus hat das Wohl der Patienten jedoch oberste Priorität. Deshalb möchte man die bestmögliche medizinische Aufklärung sicherstellen und holt in sehr komplexen Situationen wie etwa im Falle einer Organtransplantation auch externe, professionell ausgebildete Dolmetscher ins Boot“, berichtet Gabriel de Fraia abschließend.