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Abteilung für Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation

Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation

Sichelzellkrankheit und Thalassämie

Die Sichelzellkrankheit und die Thalassämien zählen zu der Gruppe der sogenannten Hämoglobinopathien. Diese sind mit sieben Prozent der Weltbevölkerung als Anlageträger die weltweit häufigsten monogenen Erbkrankheiten.

In Deutschland nahm die Häufigkeit in den vergangenen Jahren deutlich zu. Die Lebensqualität ist bei schweren Formen der Hämoglobinopathien massiv beeinträchtigt und die Lebenserwartung ist im Vergleich zur Normalbevölkerung deutlich kürzer.

Therapie

Die einzige kurative Therapie ist die Stammzelltransplantation und zukünftig eine Gentherapie. Die Behandlung der Hämoglobinopathien stellt eine multidisziplinäre Herausforderung dar und sollte nur in speziell dafür qualifizierten Zentren erfolgen.

Unsere Klinik ist ein bundesweites Referenzzentrum und ein international renommiertes Zentrum für die Behandlung von Hämoglobinopathien und bietet ein umfangreiches Programm zur Diagnostik und Behandlung dieser Krankheiten an. Insbesondere Kindern und Erwachsenen, die keinen passenden Geschwisterspender haben, können wir mit einer hohen Wahrscheinlichkeit unterschiedliche Möglichkeiten für eine Heilung von diesen Erkrankungen anbieten.  

 

  • Thalassämien sind Bildungsstörungen des Hämoglobins, bei denen der rote Blutfarbstoff mangelhaft oder gar nicht gebildet wird.

    Dies verkürzt die Lebenszeit der Erythrozyten und steigert die ineffektive Blutbildung.

    Transfusionsabhängigkeit

    Bei schweren Formen der Thalassämie sind die Patienten lebenslang „transfusionsabhängig“. Die Transfusionsabhängigkeit und die ineffektive Blutbildung führen zu einer stetig zunehmenden Eisenüberladung des Körpers, die nur unzureichend mit einer Chelat-Therapie behandelt werden kann. Durch die Eiseneinlagerungen kommt es zu Gewebeschädigungen der Leber, der hormonbildenden Organe und dem Herzen.

    Diese irreversiblen Schäden stellen ein großes Problem der transfusionsabhängigen Thalassämien dar, die trotz optimaler medikamentöser Therapie zu einer deutlichen Verkürzung der Lebenserwartung führen.

  • Bei der Sichelzellkrankheit ist das Hämoglobin so verändert, dass sich die Erythrozyten im sauerstoffarmen Gewebe sichelartig deformieren.

    Bei schweren Formen der Sichelzellkrankheit verstopfen die deformierten Erythrozyten die Gefäße und lösen einen entzündlichen Prozess der Gefäßwände aus. Diese verursachen die typischen und zum Teil lebensbedrohlichen Sichelzellkrisen, unter denen Sichelzellpatienten sehr leiden:

    • Schmerzkrisen
    • Knocheninfarkte
    • Milzsequestrationskrisen
    • akutes Thorax-Syndrom
    • Schlaganfall u. a.  

    Sichelzell-Vaskulopathie

    Langfristig ist die sogenannte Sichelzell-Vaskulopathie das Hauptproblem: Die durch die wiederkehrenden Entzündungen chronisch geschädigten Gefäße führen langfristig zu Herz-, Lungen- und Nierenversagen, die medikamentös nicht oder nur sehr schwer behandelt werden können. Die Lebenserwartung dieser Patienten ist trotz optimaler medikamentöser Therapie deutlich verkürzt.

    • Beratung und Diagnostik bei positivem Neugeborenen-Screening für Sichelzellkrankheit und bei Neudiagnose einer der Hämoglobinopathien
    • Durchführung eines Transfusions-Programms für transfusionsabhängige Hämoglobinopathien; begleitend mit der notwendigen Chelat-Therapie (eisenbindende Medikamente)
    • Screening-Untersuchungen zur Früherkennung von Organschäden:
      -  Laboruntersuchungen
      -  Lebereisen- und Herzeisenbestimmung
      -  Neurokognitive Untersuchungen
      -  Lungenfunktionsmessungen
      -  Transkranielle Doppler- und MRT-Untersuchungen zur Bestimmung der Durchgängigkeit der Hirngefäße
      -  MRT-Untersuchungen zur Bestimmung vorhandener Knocheninfarkte
    • Interdisziplinäre Betreuung der Komplikationen der Sichelzellkrankheit und der Eisenüberladung
  • Die Stammzelltransplantation und zukünftig die Gentherapie sind die einzigen allgemein verfügbaren kurativen Therapien für alle Hämoglobinopathien. Man unterscheidet:

    1. Allogene Stammzelltransplantation: Knochenmark oder periphere Stammzellen von einem passenden Familienspender oder in seltenen Fällen von einem Fremdspender werden transplantiert. 
    2. Haploidente Stammzelltransplantation: Dies ist eine besondere Form der allogenen Transplantation. Spender und Empfänger müssen dabei hinsichtlich der HLA-Merkmale nur zur Hälfte übereinstimmen. In diesen Fällen ist der Spender ein Elternteil, ein Geschwister oder in besonderen Fällen auch ein anderer näherer Verwandter (Cousin oder Cousine), so dass fast jedem Patienten eine Stammzelltransplantation angeboten werden kann. Eine internationale Studie, die die Bedeutung der haploidenten Stammzelltransplantation evaluiert, wird von unserem Zentrum geleitet (EudraCT Nummer: 2018-002652-33).
    3. Gentherapie (CRISPR/CAS9-Therapie): Mit dieser Methode werden die eigenen Stammzellen so verändert, dass wieder fötales Hämoglobin produziert wird, das von keinem der häufigsten Gendefekte betroffen ist.